Eine universelle Philosophie
Reihe Izvor, Band 206
Reihe Izvor, Band 206
Das Buch "Eine universelle Philosophie" ist die Zusammenfassung der Einweihungslehre Aivanhovs. Auf insgesamt 188 Seiten erklärt der geistige Meister seine Lehre in den verschiedensten Aspekten. Dieses Buch wurde am Welttag des Buches 2021 vom Prosveta Verlag ausführlich vorgestellt: Eine universelle Philosophie
ISBN: 978-3-89515-053-1
Maße: 11 x 18 cm
Seiten: 188
Papier: 100g Offset weiß
Rückentext:
»Jeder einzelne sollte an seiner eigenen Erweiterung arbeiten, aber mit der Bedingung, dass er es nicht ausschließlich für sich selbst tut, sonder für das Wohl der Gemeinschaft. Von da an spricht man nicht mehr von einer Gemeinschaft, sondern von einer Bruderschaft. Eine Gemeinschaft ist noch keine Bruderschaft. Eine Bruderschaft ist eine Gemeinschaft, in der es einen echten Zusammenhalt gibt, denn jeder einzelne arbeitet bewusst für das Wohl des Ganzen. In Wirklichkeit unterscheidet man in einer Gesellschaft drei Kategorien, die drei Bewusstseinsstufen entsprechen: Diejenigen, die alleine, isoliert und auf sich bezogen arbeiten wollen, diejenigen, die den Vorteil des gemeinschaftlichen Lebens begriffen haben und sich zusammenschließen, aber nur, weil es für sie vorteilhaft ist; und endlich diejenigen, die lernen, brüderlich zusammenzuleben, indem sie das Bewusstsein der Universalität immer mehr in sich vertiefen.«
Omraam Mikhaël Aïvanhov
Kapitel 1:
Kapitel 1
Einige Erklärungen zum Begriff »Sekte«
Seit Jahrtausenden haben die Menschen die Gewohnheit, ihre Aufmerksamkeit auf die Form und Erscheinung der Dinge zu richten und dabei deren Inhalt und Sinn außer Acht zu lassen. Ebenso haben sie es mit ihren heiligen Schriften getan, die auch eine Form, einen Inhalt und einen Sinn haben. Die Form, die Erzählung, ist für die gewöhnlichen Menschen. Der moralische, symbolische Inhalt ist für die Schüler oder Jünger, die ihn zu vertiefen und zu leben versuchen. Der geistige Gehalt ist dagegen für die Eingeweihten, die ihn zu deuten wissen.1
Alle großen Eingeweihten waren Erbauer, Erfinder neuer Formen. Sie wussten also, dass die Form notwendig ist, aber sie packten eine ganze Wissenschaft hinein, die die meisten Menschen nicht entziffern, weil sie sich auf das konzentrieren, was sie sehen, hören, berühren können. Natürlich können die Formen ihnen helfen und sie anregen, aber nicht im gleichen Maße, als wenn es ihnen gelänge, die darin enthaltenen Wahrheiten zu verstehen, zu fühlen und umzusetzen. In allen Religionen findet man ein exoterisches und ein esoterisches Wissen, weil die Elite, die das Bedürfnis hat, sich in die Geheimnisse der Schöpfung zu vertiefen, sich unmöglich mit den wenigen Brocken zufrieden geben konnte, mit denen die Masse sich begnügte. Und so hat sich auch innerhalb des Christentums neben der Kirche des hl. Petrus, die die Masse der Gläubigen um sich scharte, im Geheimen die Kirche des hl. Johannes als Hüterin der wahren Spiritualität, der wahren christlichen Philosophie entwickelt.
Dieses Problem von Geist und Form geht äußerst weit. Wenn man die Menschen beobachtet, bemerkt man, dass sich die Meisten durch die Form derart gefangen nehmen lassen, dass sie sich schließlich mit ihr identifizieren. Und so identifizieren sie sich auch mit ihrem physischen Körper. Alles, was sie tun, tun sie für diesen physischen Körper. Mit dem Geist hingegen beschäftigen sie sich nicht, weil sie ihn nicht sehen. Sie wissen nicht, dass sie sich dadurch schwächen und abstumpfen, denn dem physischen Körper sind weder die wahre Kraft noch das wahre Licht gegeben. Indem sie sich mit dem physischen Körper (der Form) identifizieren, entwickeln sie den Geist nicht, der ewig, unsterblich, allwissend ist, ein aus Gott selbst sprühender Funke.
Diese materialistische Philosophie, die sich derart verbreitet hat, beschränkt die Menschen. Sobald sie nicht mehr vom Geist erhellt, geführt, inspiriert sind, engen sie sich ein, werden begrenzt, sektiererisch, und dann beurteilen sie alles im Leben aus ihrem eigenen begrenzten Gesichtspunkt. Sie glauben, den besten Standpunkt zu haben. Nein, es ist nur der beschränkte Gesichtspunkt eines Sektierers. Sektierer kann man also überall finden, auf allen Gebieten: in der Ökonomie, der Politik, Wissenschaft, Religion, Philosophie, Kunst. Ich werde es euch zeigen.
Im Leben gebraucht man laufend die Bezeichnung »Sektor«. In der Geometrie nennt man einen Kreisausschnitt Sektor. In einer Stadt, einem Land spricht man auch von Sektor, um ein begrenztes Gebiet zu bezeichnen. Und man kann sagen, dass im menschlichen Körper, der eine perfekte Einheit bildet, ein Organ ebenfalls ein Sektor ist. Und was ist jetzt eine Sekte? Das ist ganz einfach zu erklären. Wenn es einer Religion gelungen ist, sich offiziell zu etablieren, erklärt sie jede Gruppe, die ihre Dogmen, ihre Anschauungen, ihre Praktiken nicht akzeptiert, zur Sekte. Es ist also die offizielle Kirche, die sich so äußert. Wie viele Menschen in der Geschichte wurden eingekerkert, verfolgt, verbrannt unter dem Vorwurf, sie hätten sich von den Lehren einer Kirche entfernt! Und dann hat sich später die Geschichte ihrerseits über die Urteile dieser Kirche geäußert...
In Wirklichkeit haben nicht die Menschen zu beurteilen, was sektiererisch ist und was nicht, sondern die Natur. Hier ist etwas, das ihr sicher nicht wisst und das neu für euch sein wird. Stellt euch nun ein Mitglied einer Kirche vor, das für die Verbreitung des Glaubens gearbeitet hat. Ihm wird man sicher nicht vorwerfen, zu einer Sekte zu gehören. Aber vielleicht gibt es über ihn irgendwo in der Natur eine andere Meinung und er wird als Sektierer verurteilt! Ja, die Natur betrachtet ihn als Sektierer und schickt ihn ins Bett, ins Krankenhaus oder auf den Friedhof, denn er hatte nicht gemäß bestimmter Gesetze der lebendigen und intelligenten Natur gedacht und gehandelt. Er ignorierte oder vernachlässigte sie. Er lebte nicht in Harmonie mit dem Ganzen und wurde so den Sektierern zugeordnet, trotz der Meinung aller Gläubigen, während umgekehrt bei einem anderen, der von denselben Gläubigen als Sektierer verurteilt wird, die Natur zeigt, dass sie mit ihm einverstanden ist, indem sie ihm Gesundheit, Frieden und Fülle gibt. Warum die als Richter nehmen, die überhaupt kein Unterscheidungsvermögen haben? Die kosmische Intelligenz allein weiß, ob wir Sektierer sind.
Wenn man einen Blick auf die Welt wirft, stellt man Folgendes fest: Jeder wählt seine Aktivität gemäß seinem Temperament, seinem Geschmack oder gemäß den Bedingungen und Umständen, ohne daran zu denken, sich auf allen Ebenen zu entwickeln. Nun muss aber der Mensch, der mit einem Verstand, einem Herzen und einem Willen geschaffen wurde, auf allen drei Gebieten arbeiten, um sich als wirklich ausgeglichenes Wesen zu manifestieren. Die Erfahrung zeigt, dass man nur sehr selten Wesen antrifft, die gleichermaßen auf allen drei Gebieten des Denkens, des Fühlens und des Handelns entwickelt sind. Die einen sind Intellektuelle ohne Herz und ohne Willen, die anderen sind Willensmenschen ohne Hirn und so weiter... Ja, überall sieht man nur »Behinderte«, Menschen, die auf einem Gebiet gut entwickelt sind und mehr oder weniger unterentwickelt auf allen anderen.
Und doch, wenn wir die Frage an die kosmische Intelligenz richten, wird sie uns sagen, dass es ihr Ziel war, den Menschen nach dem Vorbild des Schöpfers zu schaffen, fähig, die Vollkommenheit zu verstehen, sie zu lieben und sie auf der Erde zu verwirklichen. Warum hat Jesus gesagt: »Seid vollkommen wie euer himmlischer Vater vollkommen ist«2? Er wusste genau, was er sagte! Der Mensch wurde geschaffen, um allwissend, reine Liebe und allmächtig wie sein himmlischer Vater zu werden. Deshalb sind diejenigen Sektierer, die nichts getan haben, als sich auf Gebieten zu entwickeln, die ihnen leicht fielen: der Mathematik, Dichtung, Musik, dem Schwimmen. Ja, wenn ihr die Menschen beobachtet, werdet ihr feststellen, dass die meisten nichts weiter tun, als sich auf diesen so begrenzten Gebieten weiterzuentwickeln. Und schwerwiegend ist, dass sie es nicht einmal wissen.
Der Mensch muss sich also auf den drei Ebenen des Verstandes, des Herzens und des Willens entwickeln. Er muss verstehen, lieben und verwirklichen. Was verwirklichen? Das Reich Gottes und Seine Gerechtigkeit auf Erden.3 Nur unter dieser Bedingung wird er »gerettet« werden und nicht auf die Weise, wie es sich die meisten Christen vorstellen. Gläubig zu sein und einige gute Werke zu tun, genügt das, um in den Himmel zu kommen und sich an der rechten Seite des Herrn wiederzufinden? Armer Herrgott, umgeben von groben, unwissenden Menschen, von Vielfraßen, Säufern, Rauchern, Wüstlingen. Wie sie gelebt haben, hat keinerlei Bedeutung. Sie waren gläubig und sahen sich selbst als Gerechte, und so werden sie auf direktem Wege ins Paradies gelangen. Aber folgende Anekdote erzählt, was ihnen widerfahren wird.
In Bulgarien gab es einen Popen, der nicht aufhörte, seine Frau zu tadeln. Er schalt sie eine dumme Sünderin, während er sich selbst als Muster der Vollendung bezeichnete. Eines Tages spürte er, dass er in die jenseitige Welt gehen müsse und verabschiedete sich von seiner Frau: »Auf Wiedersehen, meine Frau, ich werde dich im Paradies wiedertreffen.« Wenig später starb auch sie. Im Paradies angekommen, sucht sie sogleich ihren lieben Gatten. Sie sucht und sucht... und findet ihn nicht! Also wendet sie sich an den hl. Petrus, der in seinem dicken Buch zu blättern beginnt. »Ich finde ihn nicht«, sagt Petrus. »Bestimmt ist er... im Keller!« Und er gibt ihr einen Passierschein für die Hölle. Sie sucht ein wenig, und was sieht sie plötzlich? Ihren Mann in einem Topf kochenden Wassers, nur der Kopf ist noch zu sehen. Sie ruft: »Oh, mein armer Mann, in welch entsetzlicher Lage bist du nur!« »Bedaure mich nicht«, sagt er, »ich habe es noch gut, ich stehe auf dem Kopf des Erzbischofs!«
Und genau dies passiert mit vielen, die sich für so gerecht halten. Sie werden einen kleinen Aufenthalt in der Hölle einschieben, bevor sie auf die Erde zurückkommen, um zu lernen, sich bis zur Vollkommenheit zu entwickeln. Nach dem universellen Einweihungswissen sind die meisten Menschen so lange Sektierer, bis sie vollkommen sind.
Denken wir nur an die weltweit verbreitete Tendenz, für eine Gruppe zu arbeiten, ob Gewerkschaft, politische Partei oder ein Land. Diese Einstellung gilt als großzügig, ist aber in Wirklichkeit zu egozentrisch, zu persönlich. Solange eure Tätigkeit nicht das Glück und den Frieden der ganzen Menschheit im Auge hat, ist sie begrenzt, also sektiererisch. Wenn sogar die Wissenschaft uns enthüllt, dass wir Teil des kosmischen Lebens sind und wenn wir unsere Existenz nicht nur der Erde, dem Wasser, der Luft, der Sonne, sondern auch den Sternen verdanken, warum müssen wir uns dann immer auf uns selbst zurückziehen?4
Und übrigens, habt ihr die Geheimnisse dieser Erde enthüllt, dieses Wassers, dieser Luft und dieses Feuers, dank derer unsere Existenz möglich ist? Ihr werdet sagen: »Welche Geheimnisse? Was gibt es da viel zu verstehen?« Sehr viel, und unter anderem dies: Seht euch unseren Planeten an. Das Land umfasst nur einen begrenzten Teil der Oberfläche, das Wasser einen viel größeren, die Luft eine noch größere Oberfläche und das Feuer (das Licht) reicht bis in die Unendlichkeit. Dies bedeutet, dass wir ebenfalls bis in die Unendlichkeit gehen müssen.
Und weiter: Wie lange könnt ihr ohne diese Elemente leben? Ohne Nahrung könnt ihr fünfzig bis sechzig Tage sein, ohne Flüssigkeit nur etwa zehn Tage, ohne Atmung kaum einige Minuten, aber in dem Moment, da euer Herz seine Wärme verliert, sterbt ihr. Dies beweist, dass das feste Element weniger wichtig ist als das flüssige, das flüssige weniger wichtig als das gasförmige und das gasförmige weniger wichtig als das ätherische, das heißt die Wärme, das Licht.
Ihr seht, was der Mensch am meisten braucht, ist dieses ätherische Element, das den Weltraum füllt. Warum suchen die Menschen also nicht die Unendlichkeit, die Universalität, die Freiheit, anstatt sich immer an die kleinen Dinge des Lebens zu klammern und sich dann überfordert und erschlagen zu fühlen? Weil sie eine sektiererische Einstellung haben; das ist die Antwort! Wenn man die Geistlichen nimmt, die Politiker, die Ökonomen usw., wird man nur Sektierer finden. Aber weil sie es selbst als letzte bemerken, sind sie alle bereit, gegen die Sekten zu kämpfen.
Sicherlich gibt es schädliche Sekten – ich kenne sie aber nicht, weil ich mich darum nicht kümmere, denn meine Arbeit liegt woanders –, und ich finde es ganz normal, dass man ihre Möglichkeiten zu schaden beschränkt. Wer aber glaubt, sich darüber äußern zu müssen, muss ehrlich und ohne Vorurteile sein, fähig zu sehen, wer für Anarchie und Unordnung arbeitet oder für den Frieden, die Gerechtigkeit und das Glück der Menschheit, das heißt, das Reich Gottes und das Goldene Zeitalter.
Jetzt werde ich noch einige Worte als eine Art Zusammenfassung der ganzen Einweihungsphilosophie hinzufügen. In Bulgarien gibt es eine Frau, die weltweit eine der größten Hellseherinnen ist. Ihr Name ist Vanga. Sie hat so oft Beweise ihrer Begabung geliefert, dass selbst die Regierung sich Informationen bei ihr holte. Neben ihrem Haus hat man ein Hotel bauen lassen, um Besucher aus der ganzen Welt zu empfangen. Das Besondere an Vanga ist ihre Blindheit. Wer sie aufsuchen will, muss ihr ein Stück Zucker übergeben, das er berührt hat, und allein mittels dieses Stückchen Zuckers kann sie den Leuten alles über ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft sagen, und zwar mit einer erstaunlichen Genauigkeit.
Wie ist das zu erklären? Ganz einfach! Jedes Wesen strahlt kleine, nicht fühlbare, unsichtbare Partikel aus, die die Wissenschaft noch nicht erforscht hat. Diese Partikel, die in der Atmosphäre herumfliegen, lassen sich auf den Gegenständen nieder und imprägnieren sie. Auf diese Weise lassen wir auf den Gegenständen und den Menschen, mit denen wir Kontakt haben, etwas von unseren Tugenden, unseren Kräften, unserem Licht oder umgekehrt, etwas von unseren Krankheiten, unseren Lastern, unseren Unreinheiten. Ohne uns also dessen bewusst zu sein, tun wir Gutes, und ebenfalls tun wir unbewusst auch Böses. Aber selbst ohne dieses Bewusstsein zeichnen sich unsere Handlungen auf, und eines Tages wird uns vergolten, was wir Gutes getan haben oder wir werden für das bestraft, was wir Schlechtes getan haben.5
Die wahre Religion basiert daher auf einer Wissenschaft, die auf der Beobachtung von Phänomenen basiert, die für bestimmte weit entwickelte Wesen sichtbar sind. Es steht jedem frei, dieses Wissen abzulehnen, aber er wird eines Tages sehen, wohin ihn das führt. Auf jeden Fall sage ich euch, dass jeder, der dieses Wissen ignoriert, ein Sektierer ist. Ja, wer sich den Einfluss seiner Gedanken, seiner Gefühle und all seiner inneren Zustände auf die Gemeinschaft nicht bewusst machen will, ist sektiererisch. Er tut, was ihm allein gefällt, ohne sich um das Schlechte zu kümmern, das er bei den anderen bewirkt, noch um das Gute, das er ihnen bringen könnte. Durch diese Haltung begrenzt er sich und ist deshalb ein Sektierer.
Anmerkungen
1. Siehe Band 241 der Reihe Izvor »Der Stein der Weisen«, Kapitel 5: »Über die Deutung der Schriften«.
2. Siehe Band 215 der Reihe Izvor »Die wahre Lehre Christi«, Kapitel 3: »Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist«.
3. Siehe Band 215 der Reihe Izvor »Die wahre Lehre Christi«, Kapitel 4: »Suchet zunächst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit«.
4. Siehe Band 32 der Reihe Gesamtwerke »Die Früchte des Lebensbaums«, Kapitel 7: »Die vier Elemente« und Band 229 der Reihe Izvor »Der Weg der Stille«, Kapitel 13: »Die Offenbarungen des Sternenhimmels«.
5. Siehe Band 226 der Reihe Izvor »Das Buch der göttlichen Magie«, Kapitel 11: »Die drei magischen Hauptgesetze«.
Textauszug mit freundlicher Genehmigung des Prosveta Verlags