Geheimnis Mensch – Seine feinstofflichen Körper und Zentren
Reihe Izvor, Band 219
Reihe Izvor, Band 219
Aivanhov beschreibt in diesem Buch unsere feinstofflichen Organe und Sinne und wie man diese entwickelt und stärkt. Das Buch beschreibt die wichtigen Aufgaben unserer Aura, unserer Chakren, des Sonnengeflechtes und der Kundalinikraft.
ISBN: 978-3-89515-028-9
Maße: 11 x 18 cm
Seiten: 164
Papier: 100g Offset weiß
Rückentext:
»Seit Jahrtausenden arbeiten die Menschen daran, ihre Wahrnehmungen und Empfindungen mit Hilfe ihrer Sinne zu erweitern. Dieses Spiel auf den Tasten ihrer fünf Sinne nennen sie Kultur und Zivilisation. Aber das ist ein wenig armselig. Wie hoch der Verfeinerungsgrad auch sei, den sie dabei erreichen können, die fünf Sinne werden immer begrenzt bleiben, denn sie gehören nur zur physischen Ebene und werden immer nur die physische Ebene erforschen. Solange die Menschen nicht verstanden haben, dass es noch andere Bereiche zu erforschen, zu sehen, zu berühren und zu riechen gibt, können sie keine neuen, weitergehenden, reicheren und feineren Empfindungen erleben. Jedes Organ ist spezialisiert. Es erfüllt eine bestimmte Funktion und vermittelt nur die seiner Natur entsprechenden Empfindungen. Um neue Empfindungen wahrzunehmen, muss man sich an andere Organe und feinstoffliche Zentren wenden, die wir ebenfalls besitzen.«
Omraam Mikhaël Aïvanhov
Leseprobe:
Kapitel 1
Die menschliche Evolution und die Entwicklung der spirituellen Organe
Wir besitzen einen physischen Körper, der sich aus verschiedenen Organen zusammensetzt. Das wissen sogar die kleinen Kinder. Fragt sie, wo sie ihre Augen haben, ihren Mund, ihre Ohren, ihre Nase, ihre kleinen Beine, und sie werden sie euch zeigen. Später lernen sie in der Schule, dass der Mensch fünf Sinne besitzt (das Gesicht, das Gehör, den Geruchs-, den Geschmacks- und den Tastsinn), von denen jeder genau festgelegte Funktionen hat. Zum Beispiel ist die Funktion und die Empfindung des Tastsinns nicht die gleiche wie die des Geschmackssinns oder des Gesichtssinnes usw.
Alle Beziehungen des Menschen zur Welt basieren auf den fünf Sinnen. Darum möchte er von ihren Möglichkeiten so viel wie möglich profitieren und vor allem die Empfindungen verstärken, die ihm seine Augen, Ohren und seine Haut usw. verschaffen. Unter diesen Empfindungen sind einige mehr oder weniger notwendig und mehr oder weniger intensiv. Nehmen wir den Geschmackssinn: Wer würde den Reichtum und die Mannigfaltigkeit der Empfindungen dieses Sinnes abstreiten wollen? Vor allem, wenn es sich um eine köstliche Mahlzeit handelt? Und der Tastsinn: Wenn ein Mann und eine Frau sich streicheln, erleben sie dabei Empfindungen größter Intensität. Man sagt sogar, dass das sexuelle Vergnügen die stärksten Empfindungen vermittelt, doch gerade dies ist sehr zweifelhaft. Für die große Mehrheit stimmt das, ja, aber nicht für alle. Der Gesichts- und Gehörsinn mancher Künstler ist mit großer Sensibilität gesegnet. Farben und Töne vermitteln ihnen intensive Eindrücke, viel stärker noch als beim Sexualakt, der sie oft unbeteiligt und kalt lässt.
Da die Mehrheit der Menschen noch nicht sehr weit entwickelt ist, kann man sagen, dass der Tastsinn (in den man die Sexualität mit einbeziehen kann) und der Geschmackssinn im Moment die beiden Sinne sind, die die Welt regieren. Das Gesicht, das Gehör und der Geruchssinn nehmen einen weniger großen Platz ein. Es gibt Leute, die durch Düfte, Töne und Farben nicht angesprochen werden, außer wenn ihr Interesse im Spiel ist, wie bei den Tieren, bei denen der Geruchssinn, das Gehör oder die Sehfähigkeit extrem entwickelt sind, weil sie diese zu ihrem Schutz und für die Nahrungssuche brauchen.
Ich erzähle euch hier Dinge, die ihr bereits wisst, doch dies geschieht, um eure Aufmerksamkeit auf Schlussfolgerungen zu lenken, die ihr wahrscheinlich noch nie gezogen habt. Seit Jahrtausenden üben sich die Menschen darin, durch den Gebrauch ihrer fünf Sinne ihre Wahrnehmungen und Empfindungen zu steigern und zu vermehren. Dieses Spiel auf den Tasten ihrer fünf Sinne nennen sie Kultur und Zivilisation. Nun, das ist ein wenig armselig. Wie hoch der Verfeinerungsgrad auch sei, den sie dabei erreichen können, die fünf Sinne werden immer begrenzt bleiben, denn sie gehören nur zur physischen Ebene und werden immer nur die physische Ebene erforschen. Die Natur hat noch andere Tasten auf diesem Klavier der Sinne vorgesehen... ja, einen sechsten, siebten und achten Sinn von ganz anderer Intensität, von ganz anderer Kraft. Doch im Moment haben sich die Menschen auf die fünf Sinne beschränkt. Solange die Menschen nicht verstanden haben, dass es noch andere Bereiche zu erforschen, zu sehen, zu berühren und zu riechen gibt, können sie keine neuen Empfindungen erleben, die umfassender, reicher und feiner sind. Wie erklärt man es, dass manche Wesen, die ihren fünf Sinnen keinerlei Nahrung mehr geben, Wahrnehmungen haben, die sie bis zur Ekstase, einer Erweiterung ihres Bewusstseins, einem Empfinden von Erfüllung, Größe und Unendlichkeit führen?
Man muss den Menschen begreiflich machen, dass sie großen Enttäuschungen entgegengehen, wenn sie immer noch mehr und noch stärkere körperliche Empfindungen wollen, denn diese Empfindungen sind begrenzt. Warum? Jedes Organ ist spezialisiert. Es erfüllt eine bestimmte Funktion und vermittelt nur die seiner Natur entsprechenden Empfindungen. Um neue Empfindungen wahrzunehmen, muss man sich an andere Organe und feinstoffliche Zentren wenden, die wir ebenfalls besitzen.
Beobachtet die Menschen: Sie haben die Möglichkeit, alles zu sehen, zu schmecken, zu berühren, zu kaufen und trotzdem fehlt ihnen immer etwas. Warum? Weil sie nicht wissen, dass man aufhören muss, ausschließlich auf die fünf Sinne zu vertrauen, wenn man die Fülle erleben und Empfindungen entdecken will, die wirklich von außergewöhnlicher Kraft und Vielfältigkeit sind. Auf diesem Gebiet sind die Orientalen zu Erfahrungen fähig, die für die Menschen im Abendland vollkommen undenkbar sind. In Indien oder in Tibet zum Beispiel gibt es Yogis, die in einem Erdloch wohnen. In dieser Dunkelheit und absoluten Stille gibt es keine Nahrung mehr für die fünf Sinne, die der Yogi durch die Meditation einschläfert. Und wenn diese Sinne dann ihre Funktionen einstellen, verbrauchen sie nicht mehr die psychische Energie, die für die feinstofflichen Zentren bestimmt ist. Somit erwachen diese, und der Yogi beginnt, feinstoffliche Elemente in höheren Regionen zu sehen, zu hören, zu fühlen und zu berühren. Dies erklärt also, mit welchem Ziel diese außergewöhnlichen Wesen manchmal jahrelang versuchen, die Seh-, Hör- und Geruchsempfindungen usw. zu unterbinden und jede Bewegung anzuhalten. Allein das Denken bleibt übrig, bis sie schließlich sogar mit dem Denken aufhören, um in vollkommener Verbindung mit der Gottheit zu leben.
Gott hat in die menschliche Seele Anlagen hineingelegt, die durch ein zu stark nach außen gerichtetes Leben am Erwachen gehindert werden. Was tut ihr übrigens, wenn ihr meditiert? Ihr schließt die Augen, um eure Aufmerksamkeit nach innen zu lenken... Zu diesem Thema möchte ich aber einiges klarstellen. Lasst eure Augen nicht zu lange geschlossen, wenn ihr meditiert, denn da ihr noch keine indischen Yogis seid, lauft ihr Gefahr einzuschlafen. Öffnet von Zeit zu Zeit kurz eure Augen, ohne euch von eurer Umgebung ablenken zu lassen, dann schließt sie wieder und öffnet sie aufs Neue. Sicher, im Allgemeinen ist es ratsam, die Augen während der Meditation zu schließen, weil das die Isolation und die Konzentration unterstützt und hilft, sich nicht ablenken zu lassen. Lässt man sie aber zu lange geschlossen, kommt der Schlaf.
So ist das: Indem man die Augen öffnet, erwacht man und indem man sie schließt, bereitet man sich auf das Einschlafen vor. Dieser Vorgang ist seit Millionen von Jahren im Gehirn aufgezeichnet. Die Natur, die treu und wahrhaftig ist, sagt: »Ihr schließt die Augen? Ihr wollt also schlafen? Gut, das werden wir einrichten.« Und schon befindet ihr euch in tiefer »Meditation«! Umgekehrt ist das Öffnen der Augen das Signal zum Aufwachen: Alles kommt in Bewegung, beginnt zu funktionieren, das Gehirn, die Arme, die Beine... Ja, dieser kleine unscheinbare Vorgang – das Öffnen der Augen – bringt eine ganze Welt in Bewegung!
Dieses Öffnen und Schließen der Augen ist sehr wichtig. Manchmal sagt man euch: »Mach doch die Augen auf!« Das ist eine Redensart, denn eure Augen sind ja offen. Von welchen Augen wird also gesprochen? Von anderen Augen, die wacher sind und einen viel tieferen, spirituelleren Einblick haben. Die Augen eures Körpers sind offen, ja, aber ihr habt noch andere Augen und die sind geschlossen. Doch manchmal nimmt man wahr, dass es sie gibt und dass sie sich öffnen können.
Um aber diese spirituellen Augen öffnen zu können, die subtilere Aspekte der Wirklichkeit sehen, muss man die physischen Augen schließen. Ein anderes Mal jedoch ist es umgekehrt: Durch das Schließen der physischen Augen schließt man auch die spirituellen Augen und durch das Öffnen der physischen Augen öffnet man auch die spirituellen Augen. Ihr seht, es gibt da sehr feine Unterschiede. Nach und nach lernt ihr, das alles zu unterscheiden und im täglichen Leben davon Gebrauch zu machen.
Die Abendländer haben das Leben der fünf Sinne bis zur Perfektion gebracht. Sie stellen sich vor, dass sie auf diese Weise alles kennenlernen und glücklich werden. Sie kennen viele Dinge, das stimmt, und sie haben viele Empfindungen, aber die fünf Sinne verschlingen ihre ganze psychische Energie und für die spirituelle Seite bleibt nichts mehr übrig. Die Menschen im Abendland leben zu sehr in den physischen Empfindungen und haben keine Energie mehr, die sie auf andere Fähigkeiten konzentrieren können, die auch erweckt werden wollen. Zu viele Empfindungen! »Man lebt«...Gewiss, man lebt, aber dieses Leben verdeckt das wahre Leben. Ihr müsst das verstehen und euch entscheiden, viele von diesen Empfindungen wegzulassen, denn sie verhindern die wahre Sicht der Dinge.
In der heutigen Zeit verbreitet sich der Gebrauch von Drogen immer mehr. Um der Seichtigkeit des Alltags zu entgehen, flüchten sich immer mehr Menschen zu Opium, Haschisch, Marihuana, Kokain und Heroin. Alle, die diese Drogen benutzen, erfahren an sich eine gewisse Hellsichtigkeit und Hellhörigkeit usw., die ihnen die Illusion vermitteln kann, höhere Bewusstseinszustände zu erreichen. Doch sie irren sich, und mit der Zeit verlieren sie sogar ihre intellektuellen Fähigkeiten und ruinieren ihre Gesundheit. Auch wenn diese Drogen im Orient oder in Südamerika seit Jahrhunderten benutzt werden, ist auf alle Fälle von ihnen abzuraten. Sie sind sehr schädlich für das Nervensystem.
Die Hindus und die Tibeter haben ein sehr großes Wissen über Kräuter. Das ist eine Wissenschaft, die sie seit Jahrtausenden weitergeben. Manche Kräuter erlauben es, wenn man sie isst, wochenlang ohne Nahrung zu leben, andere, Tage und Nächte im Schnee des Himalaja zu verbringen, ohne zu frieren. Das hat man mir gesagt. Ich habe es nicht nachgeprüft, aber es ist durchaus möglich. Ich glaube an die Kraft der Kräuter. Es gibt auch sehr wirksame Zubereitungen, dank derer man Visionen und das Heraustreten aus dem physischen Körper hervorrufen kann. In bestimmten Büchern kann man lesen, dass man im Mittelalter Pomaden und Salben kannte, mit denen sich die Hexen einrieben, um zum Sabbat zu gehen. In Wirklichkeit gingen sie nicht mit ihrem physischen Körper, sondern mit ihrem Astralleib hin. Es gibt Ärzte, die überprüft haben, dass es dieses Phänomen wirklich gibt. Sie konnten sich die Rezepte beschaffen, die nur sehr schwer zu rekonstruieren sind, weil darin alles etwas undeutlich ausgedrückt ist und sie haben sie ausprobiert. All diesen Salben wurden erregende Substanzen beigefügt, die es ermöglichen, den physischen Körper zu verlassen.
Aber lassen wir diese Frage. Das war nur, um euch zu sagen, dass es sehr wirkungsvolle Mittel gibt, um sich zu subtileren Ebenen als der physischen Zutritt zu verschaffen. Aber diese Mittel sind oft sehr schädlich. Darum rate ich euch, sie niemals zu benutzen. Die beste Lösung dafür ist, alle diese Empfindungen von Erfüllung, Freiheit, Leichtigkeit, Freude, Gelöstheit durch spirituelle Mittel zu suchen. Das ist der königliche Weg. Die wirklichen geistigen Schüler zählen auf nichts Äußeres. Sie wissen, dass Gott in ihr Inneres alle Schätze und Reichtümer, alle Produkte aus allen Laboratorien und Apotheken gelegt hat. Es genügt, sie hervorzuholen und zu benutzen. Es wäre schade für euch, zehn, zwanzig Jahre in einer Einweihungsschule gewesen zu sein, ohne jemals gelernt zu haben, die Reichtümer, die ihr besitzt, zur Geltung zu bringen.
Jedes Sinnesorgan erlaubt uns, einen Teil der Welt zu erkennen, und es ist interessant zu bemerken, wie diese Sinne hierarchisch angeordnet sind. Der Tastsinn betrifft nur den festen Teil der Materie. Man berührt weder das Gasförmige noch das Ätherische. Das Flüssige berührt man ein wenig, aber vor allem alles Feste. Der Geschmack ist auf das Flüssige spezialisiert. Ihr werdet sagen: »Aber nein, wenn ich ein Bonbon in den Mund stecke, so ist das fest und trotzdem habe ich eine süße Empfindung.« Ach, und ich antworte euch, dass ihr euch damit nicht ausreichend beschäftigt habt: Der Geschmack funktioniert nur unter der Bedingung, dass das, was ihr in den Mund steckt, flüssig wird, dank des Speichels. Nehmen wir jetzt den Geruchssinn. Dieser Sinn erkennt die Gerüche, das heißt die gasförmigen Ausströmungen. Die Nase hat also noch eine Verbindung zur Materie, obwohl es sich um eine feinere Materie handelt, deren Teilchen in der Luft schweben. Beim Gehör geht es dann schon nicht mehr um materielle Teilchen, sondern nur noch um Wellen, Schwingungen. Und ebenso ist es beim Gesichtssinn. Mit dem Sehen ist man fast in der ätherischen Welt. Ihr seht also, dass die fünf Sinne eine Rangordnung haben vom Gröbsten bis zum Feinsten.
Wenn man aber nun in die astrale Welt eindringen will, kann man sich dafür nicht mehr der fünf Sinne bedienen. Es bedarf eines anderen Sinnes, der angepasst ist, das heißt, der in der Lage ist, eine noch feinere Materie wahrzunehmen. All jene, die diesen sechsten Sinn noch nicht entwickelt haben, können nicht wissen, dass es noch eine andere Materie, eine andere Region gibt. Sie ahnen nicht, dass das Universum von anderen Schwingungen durchdrungen wird, welche uns noch viel weitere und intensivere Empfindungen vermitteln können. Um einen Gegenstand zu berühren, muss man ihm ganz nahe sein. Um ihn zu schmecken ebenfalls. Um einen Duft einzuatmen, kann man bereits etwas weiter entfernt sein. Um einen Ton zu empfangen, kann die Distanz noch größer sein, und für das Sehen noch größer, denn die Augen sind so beschaffen, dass sie uns erlauben, Botschaften und Nachrichten aus weiter Ferne zu erhalten. Wieder könnt ihr erkennen, mit welcher Intelligenz die Natur diese Hierarchie unter den fünf Sinnen eingerichtet hat. Aber dabei ist sie nicht stehen geblieben. Andere Sinne müssen uns jetzt in Kontakt mit anderen Regionen bringen, die umfangreicher und entfernter sind.
Solange der Mensch nicht jene Organe entwickelt hat, die ihn mit anderen Regionen und viel höher entwickelten Wesenheiten in Verbindung bringen, wird er nicht sehr viel erkennen können. Er wird sprechen, schreiben, erklären, kritisieren und urteilen, aber er wird immer im Irrtum sein, denn er kann damit nur einen Teil der Wirklichkeit erkennen. Wenn er die ganze Wirklichkeit kennen will, muss er sich darin üben, andere Fähigkeiten zu erwecken, die er immer schon besaß, die aber schlafen und darauf warten, gebraucht zu werden. Die Tradition der Einweihung überliefert uns, dass der Mensch vor sehr langer Zeit, als er von seinem physischen Körper noch nicht wirklich Besitz ergriffen hatte, ständig außerhalb seines Körpers lebte. Als dann sein Geist mehr und mehr in die Materie herabstieg, hat er jene Fähigkeiten entwickelt (die fünf Sinne), die es ihm ermöglichten, mit dieser Materie zu arbeiten. Seine medialen Fähigkeiten dagegen ließ er verkümmern. Er hat sie aber nicht verloren, sondern er besitzt sie immer noch.
Betrachtet die Kinder. Während der Zeit der ersten sieben Lebensjahre sind sie noch nicht wirklich in ihren physischen Körper eingedrungen. Sie spiegeln jene Zeit der Menschheit wider, als diese in demselben Entwicklungsstadium war. Zu dieser Zeit sprachen die Menschen mit den Naturgeistern und mit den Seelen der Toten. Sie begegneten ihnen und kommunizierten mit ihnen, und wenn sie selber starben, wussten sie nicht, ob sie tot oder lebendig waren. Die unsichtbare Welt und die Welt der Geister waren für sie absolute Wirklichkeiten; sie glitten durch die Atmosphäre als wären sie immateriell, und nur ab und zu kehrten sie in ihren physischen Körper zurück. Unter diesen Bedingungen waren sie überhaupt nicht darauf vorbereitet, an der Materie zu arbeiten. Doch ihre Entwicklung musste dieses Stadium durchschreiten. Inzwischen haben die Menschen großartige intellektuelle Möglichkeiten erworben, um die Materie zu beherrschen, doch gleichzeitig haben sie die Existenz der spirituellen Welt vergessen, sie haben den Kontakt zu ihr unterbrochen. Gewiss, bei manchen ist eine Erinnerung, eine Intuition geblieben, doch die Mehrheit hat sie vergessen.
Es existieren zwei Arten von Kenntnissen, die intellektuellen und die spirituellen. Das Beste ist also, wenn man sie beide entwickeln kann. Man darf nicht vergessen, dass die Natur selbst, das heißt, die kosmische Intelligenz, ihre Absichten zur Entwicklung der Menschheit hat. Sie hat die Entwicklung des menschlichen Wesens in beide Richtungen vorgesehen, zur Materie und zum Geist hin. Da es aber sehr schwer ist, die beiden Richtungen gleichzeitig zu entwickeln, hat sie ihm Jahrhunderte und Jahrtausende gegeben, um in eine Richtung zu arbeiten. Gleichzeitig aber ließ sie Wege in die andere Richtung offen, um seine spirituelle Entwicklung nicht zu verhindern. Für die jetzige Epoche also entschied der kosmische Geist, es den Menschen zu ermöglichen, sich im Bereich der Sinne – im Sehen, Hören, Schmecken, Tasten usw. – zu entwickeln. Er lässt sie in die Materie hinabsteigen, um sie zu besitzen, zu berühren, zu erforschen, kennenzulernen und vor allem, um mit ihr zu arbeiten.
Staunt nicht, so ist es, es ist ein Durchgang. Der menschliche Geist ist gezwungen, immer tiefer in die Materie einzudringen, um sie kennenzulernen, sodass er beinahe jegliche Erinnerung an seine himmlische Heimat verliert, in der er in ferner Vergangenheit lebte. Indem er aber die Materie immer besser kennen lernt, macht er zahlreiche Errungenschaften, und vor allem lernt er, seine eigene Materie zu beherrschen. Im Moment ist dazu erst eine kleine Minderheit imstande. Doch das Ziel der irdischen Existenz für den Menschen ist, in den physischen Körper herabzusteigen, um von seinen Fähigkeiten Besitz zu ergreifen und damit an der äußeren Welt zu arbeiten.
Wenn ich sage, dass der menschliche Geist »in die Materie hinabsteigt«, so verstehe ich darunter zuallererst das Besitzergreifen des physischen Körpers, um ihn zu bewohnen und seiner Herr zu werden. Wenn er sich dann darin zu Hause fühlt, arbeitet er und wirkt auch auf die äußere Umgebung ein. Dort handhabt er die Dinge ebenfalls meisterlich: Er verändert, baut auf und zerstört... Dies ist eine lange Periode der Involution, des Abstiegs in die Materie. Da aber der göttliche Geist großartige Pläne für das menschliche Wesen hat, wird Er ihn nicht endlos sinken lassen, bis er sich darin vollkommen verliert und jeglichen Kontakt mit seinem himmlischen Ursprung vergisst. Sobald er ausreichend von sich Besitz ergriffen hat und sein Gehirn, seine Gliedmaßen und alle anderen Fähigkeiten beherrscht, sobald er alle Eigenschaften der Elemente erkannt hat, werden ihn andere Einflüsse, Kräfte und Strömungen tragen und emporheben. In zunehmendem Maße wird er dann jene Fähigkeiten wiedererlangen, welche er in der fernen Vergangenheit besaß: Er wird gleichzeitig die Materie und den Geist kennen.1
Es heißt in der Schöpfungsgeschichte, dass Adam und Eva von der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen haben. Das bedeutet, dass sie sich allein mit der Kenntnis des Geistes nicht zufrieden gaben, sondern hinunterwollten, um auch die Materie kennenzulernen. Sie begannen also zu sinken, und durch Freuden und Leiden, durch Gesundheit und Krankheit, studieren sie nun seit Millionen von Jahren eher das Böse. Es war ihnen überlassen, oben im Paradies zu bleiben und nur die Früchte vom Baum des ewigen Lebens zu essen, aber von Neugierde getrieben wollten sie sehen, was unten war und begannen damit, die Kälte, die Dunkelheit, die Krankheit und den Tod zu erleiden.
Die Menschheit ist immer noch auf dem Abstieg. Manche Religionen nennen diesen Abstieg die »Erbsünde«. Doch man kann es auch als ein Studium sehen, das der Mensch machen wollte. Ja, dieser Erkenntnisbaum des Guten und Bösen bedurfte schwerer Studien, denn der Mensch muss darin einer immer dichter werdenden Materie entgegentreten. Aber was sollte schlecht daran sein? Er hat diesen Erkundungsabstieg gewählt und ist gesunken. Jetzt steckt er bis zum Hals in seinen Studien und stellt gerade fest, in welche Hölle er sich gebracht hat. Im Moment studiert er das Böse, doch eines schönen Tages wird er emporsteigen zum Studium des Guten.2
Ich kenne die Projekte und Pläne der kosmischen Intelligenz, ich weiß, dass die Menschen, nachdem sie die Materie dank ihrer fünf Sinne beherrschen und meistern werden, erneut ihren Aufschwung nehmen zu den Höhen, um ihre spirituellen Sinne zu entwickeln. Jene also, die auf dem Weg der Entwicklung vorankommen möchten, sollten die Empfindungen ihrer fünf Sinne etwas reduzieren, um von nun an in ihrem Inneren zu suchen. Im Inneren ist es weit und reich... jedoch muss man suchen!
Anmerkungen
1. Siehe Band 26 der Reihe Gesamtwerke »Der Wassermann und das Goldene Zeitalter«, Kapitel 2: »Die wahre Religion Christi«.
2. Siehe Band 3 der Reihe Gesamtwerke »Die beiden Bäume im Paradies«, Kapitel 9, Teil 2: »Die Schlange in der Genesis« und Kapitel 9, Teil 3: »Die Heimkehr des verlorenen Sohnes«.
Textauszug mit freundlicher Genehmigung des Prosveta Verlags